Chronische myeloische Leukämie (CML)
Beschreibung
Die chronische myeloische Leukämie (CML) ist eine seltene Blutkrebserkrankung, bei der sich bestimmte weiße Blutkörperchen in Knochenmark, Blut, Milz und Leber unkontrolliert vermehren.
Die CML beruht auf einer Erbgutveränderung in einer Blutstammzelle im Knochenmark: Bei fast allen Patienten lassen sich in den Leukämiezellen veränderte Chromosomen nachweisen. Mediziner bezeichnen sie als Philadelphia-Chromosomen.
Symptome
Bei den meisten Patienten beginnt die Erkrankung schleichend. Häufig wird die chronisch myeloische Leukämie (CML) als Zufallsbefund bei einer Blutuntersuchung entdeckt. Viele Patienten haben zu diesem Zeitpunkt keine oder keine eindeutigen Beschwerden.
Beschwerden, die auf eine CML hinweisen können, sind:
Müdigkeit, Schwäche, Leistungsabfall, Abgeschlagenheit
Appetitverlust, unbeabsichtigter Gewichtsverlust
Oberbauchbeschwerden bei vergrößerter Milz
(leichtes) Fieber, Nachtschweiß
Knochenschmerzen
Diese Symptome treten allerdings nicht nur bei einer CML, sondern auch bei vielen anderen Erkrankungen auf. Wer sich über einen längeren Zeitraum unwohl und geschwächt fühlt, ungewollt Gewicht verliert, nachts stark schwitzt und leichtes Fieber hat, sollte sich an seinen Arzt wenden. Hausärzte können die Auslöser der Beschwerden bereits gut eingrenzen und bei Bedarf weitere diagnostische Schritte bei Fachärzten einleiten.
Ursachen
Bei der chronischen myeloischen Leukämie (CML) ist das Erbgut einer blutbildenden Stammzelle im Knochenmark verändert: Bei fast allen Patienten mit CML lässt sich im Erbgut der Leukämiezellen ein verkürztes Chromosom 22 nachweisen. Dieses veränderte Chromosom haben Forscher in den USA erstmals beschrieben und nach dem Ort seiner Entdeckung benannt: Philadelphia-Chromosom.
Wie entsteht das Philadelphia-Chromosom?
Im Zellkern menschlicher Körperzellen befinden sich 23 Chromosomenpaare. Sie tragen das Erbgut: die Gene. Teilt sich die Zelle, so wird zunächst das Erbmaterial verdoppelt und dann zu gleichen Teilen auf die beiden Tochterzellen aufgeteilt. Bei jeder Zellteilung können Fehler auftreten.
Das Philadelphia-Chromosom entsteht bei der Zellteilung, weil sich Chromosomenabschnitte zwischen Chromosom 9 und Chromosom 22 austauschen. So sind zwei Abschnitte des menschlichen Erbguts miteinander kombiniert, die normalerweise nicht zusammengehören: Dabei entsteht ein neues Gen, das sogenannten BCR-ABL-Fusionsgen.
Das veränderte Gen führt dazu, dass die Zellen ein neues Eiweiß bilden: die sogenannte BCR-ABL-Tyrosinkinase. Sie regt die Blutstammzelle an, sich unkontrolliert zu teilen.
Risikofaktoren
Warum sich bei einem Patienten eine chronische myeloische Leukämie (CML) entwickelt, ist in den meisten Fällen unbekannt.
Radioaktive Strahlung gilt als ein Risikofaktor. Bei der Mehrzahl der Patienten ist jedoch keine Strahlenbelastung aus der Vorgeschichte bekannt.
Bei beruflichem Umgang mit bestimmten chemischen Substanzen (1,3 Butadien, Benzol, Benzolderivate) ist die CML unter bestimmten Voraussetzungen als Berufskrankheit anerkannt.
Häufigkeit
Jedes Jahr erkranken in Deutschland 1.000 bis 1.200 Menschen an chronischer myeloischer Leukämie (CML). Es handelt sich daher um eine eher seltene Krebsart.
Da Menschen mit einer CML dank neuer Therapien immer länger leben, gibt es insgesamt immer mehr Patienten mit einer CML.
Verlauf
Der Krankheitsverlauf bei einer chronischen myeloischen Leukämie (CML) lässt sich in drei Phasen einteilen: Chronische Phase, Akzelerationsphase und Blastenphase.
Chronische Phase
In der chronischen Phase macht die CML keine oder nur wenig Beschwerden. Bei den meisten Patienten wird die CML in dieser Phase als Zufallsbefund entdeckt.
Ziel ist es, mit einer medikamentösen Behandlung die CML in der chronischen Phase zu erhalten: Dann gleicht die Lebenserwartung der Patientinnen und Patienten fast derjenigen gesunder Menschen.
Akzelerationsphase
Die Akzelerationsphase kann sich durch zunehmende Beschwerden bemerkbar machen. Die Zahl der weißen Blutkörperchen im Blut steigt und der Anteil unreifer weißer Blutzellen (Blasten) in Blut und Knochenmark nimmt zu. Auch die Milz wird größer.
Blastenphase
In der Blastenphase verläuft die CML ähnlich wie eine akute Leukämie. Da die leukämischen Zellen mehr und mehr die normale Blutbildung verdrängen, sind die Patienten besonders durch Infektionen, Blutungen oder Folgen der Blutarmut (Anämie) gefährdet.
Die Blastenkrise ist eine schwere Erkrankung, die ohne Behandlung innerhalb weniger Wochen bis Monate zum Tod führen kann.
Diagnose
Für die genaue Diagnose einer chronischen myeloischen Leukämie (CML) müssen Fachärzte Blut und Knochenmark sorgfältig untersuchen. Für die Blutuntersuchung wird dem Patienten Blut aus einer Armvene entnommen.
Für die Knochenmarkuntersuchung betäubt die Ärztin oder der Arzt eine kleine Hautstelle am unteren Rücken örtlich. Mit einer Spritze wird etwas Knochenmark aus dem oberen Rand des Beckenknochens angesaugt. Zusätzlich können Ärzte eine kleine Probe mit einer Hohlnadel herausstanzen.
Fachleute beurteilen Blut und Knochenmark zunächst unter dem Mikroskop. Außerdem untersuchen sie das Erbmaterial der Leukämiezellen im Hinblick auf genetische Veränderungen.
Behandlung
Bei den meisten Patientinnen und Patienten mit einer chronischen myeloischen Leukämie (CML) sind sogenannte Tyrosinkinasehemmer Mittel der Wahl. Experten bezeichnen sie auch als Tyrosinkinaseinhibitoren oder kurz TKI. Sie gehören zu den zielgerichteten Krebstherapien.
Diese Medikamente hemmen die für die CML typische BCR-Abl-Tyrosinkinase. Das ist das Enzym, das die Zellen aufgrund einer Genveränderung bilden: Indem das Medikament die Tyrosinkinase hemmt, stoppt es die ungebremste Vermehrung der Leukämiezellen und sie sterben ab.
Es stehen verschiedene Tyrosinkinasehemmer für die Behandlung der CML zur Verfügung.
Ärzte berücksichtigen bei der Auswahl vor allem drei Faktoren:
die Wirksamkeit
die möglichen Nebenwirkungen
persönliche Risiken und Begleiterkrankungen
Experten empfehlen, die Therapie möglichst rasch nach der Diagnose zu beginnen. Ziel der Behandlung ist es, die Leukämie bestmöglich zurückzudrängen. Studien haben gezeigt: Je besser dies gelingt, umso besser ist die weitere Prognose.
Bei sehr gutem Ansprechen und anhaltendem Therapieerfolg kann die Therapie möglicherweise sogar dauerhaft ausgesetzt werden. Ob das auch bedeutet, dass diese Patienten geheilt sind, ist noch nicht ganz klar.
Die Therapie einer chronischen myeloischen Leukämie (CML) erfordert besondere Erfahrung. Die Behandlung sollte daher in enger Abstimmung mit einem spezialisierten Zentrum erfolgen.
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind unverzichtbar
Ob die Therapie erfolgreich ist, kontrollieren Ärzte durch regelmäßige Untersuchungen von Blut und Knochenmark.
Das Ausmaß der sogenannten Remission bestimmt dabei, wie gut die Leukämie auf die Behandlung angesprochen hat:
Hämatologische Remission: Von einer kompletten hämatologischen Remission sprechen Mediziner, wenn sich sowohl die Blutwerte als auch die Milzgröße normalisiert haben und alle Krankheitssymptome verschwunden sind.
Zytogenetische Remission: Bei einer kompletten zytogenetischen Remission (CCyR) lässt sich bei der Untersuchung des Knochenmarks kein Philadelphia-Chromosom mehr nachweisen.
Molekulare Remission: Die molekulargenetische Untersuchung ist am genauesten. Mit ihr lassen sich auch einzelne Leukämiezellen unter mehreren tausend normalen Blutzellen aufspüren. Senkt die Therapie die Zahl der Leukämiezellen unter eine festgelegte Nachweisgrenze, sprechen Ärzte von einer tiefen molekularen Remission. Sie ist das Ziel der Therapie.
Allogene Stammzelltransplantation: eine weitere Therapiemöglichkeit
Spricht die Leukämie nicht oder nicht mehr auf die gewählte Therapie an, stellen Ärzte möglichst bald auf einen anderen Tyrosinkinasehemmer um.
Sind Tyrosinkinasehemmer nicht oder nicht mehr erfolgversprechend, können Ärzte auch eine Stammzelltransplantation erwägen: Dabei werden dem Patienten nach entsprechender Vorbehandlung Blutstammzellen eines geeigneten Spenders übertragen.
Die Stammzelltransplantation ist eine intensive Therapie, die mit einigen Risiken verbunden ist. Sie birgt aber auch die Chance auf eine dauerhafte Heilung.
Leben & Alltag
Patienten, deren Leukämie gut auf eine Therapie mit einem Tyrosinkinasehemmer anspricht, haben eine weitgehend normale Lebenserwartung.
Wichtig ist es jedoch, die Tabletten regelmäßig einzunehmen. Wer stark unter Nebenwirkungen leidet, spricht am besten mit dem Arzt, ob es sinnvoll ist, auf ein anderes Medikament zu wechseln.
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind notwendig, um Probleme frühzeitig zu erkennen: Gibt es Hinweise darauf, dass die Therapie nicht oder nicht mehr ausreichend wirkt, werden die behandelnden Ärzte die Behandlung zügig umstellen.
Frauen dürfen unter Therapie mit Tyrosinkinasehemmern nicht schwanger werden. Die Medikamente schädigen das Kind im Mutterleib und können Missbildungen hervorrufen. Sind Sie CML-Patientin und wünschen sich ein Kind, sollten Sie dies mit Ihren Ärzten besprechen und alle Möglichkeiten gemeinsam überlegen.
Wohin kann ich mich wenden?
Bei der Behandlung einer CML sollten erfahrene Ärzte verschiedener Fachrichtungen eng zusammenarbeiten: Krankenhäuser, die viel Erfahrung bei der Behandlung von Patienten mit einer Leukämie haben, können sich als Onkologisches Zentrum mit der Schwerpunktbezeichnung "Hämatologische Neoplasien" zertifizieren lassen. Die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) prüft dabei regelmäßig zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO), ob das Krankenhaus bestimmte Anforderungen einhält.
Die Prüfung der fachlichen Anforderungen ist bislang in Deutschland keine Pflicht. Es kann ebenso geeignete Kliniken geben, die bisher keine solche Prüfung beantragt haben.
Chronische myeloische Leukämie (CML)