Ambulanter Pflegedienst
Beschreibung
Mit ambulanter Pflege, auch „häusliche Pflege“ genannt, erhalten Pflegebedürftige medizinische, pflegerische und hauswirtschaftliche Versorgung in ihrem Zuhause. Die ambulante Pflege und Betreuung von Pflegebedürftigen kann sowohl durch professionelle Pflegekräfte eines ambulanten Pflegedienstes als auch durch pflegende Angehörige erfolgen. Ambulante Pflegedienste kommen bei Bedarf mehrmals in der Woche oder mehrmals täglich zum Betroffenen nach Hause und unterstützen ihn sowie seine Angehörigen bei alltäglichen Aufgaben.
Ambulante Pflege: Möglichkeiten & Formen
Gehen mit dem Älterwerden altersbedingte Krankheiten und körperliche sowie geistige Einschränkungen einher, sind Betroffene zunehmend auf eine Betreuung und pflegerische Versorgung angewiesen. Es beginnt mit alltäglichen Aufgaben wie beispielsweise der eigenen Körperpflege oder dem Einkaufen von Lebensmitteln, die Senioren nicht mehr selbstständig bewältigen können. Trotz des Umstands wünschen sich viele von ihnen, weiterhin zuhause wohnen zu bleiben. Dann übernehmen meist Angehörige die Pflege und Betreuung ihres pflegebedürftigen Familienmitglieds.
Falls Angehörige nicht genügend Zeit aufbringen können, um den Pflegebedürftigen optimal zuhause zu pflegen, gibt es andere Möglichkeiten der ambulanten Pflege. Dann können ambulante Pflegedienste oder das Angebot einer 24-Stunden Betreuung zum Beispiel durch eine sogenannte „Polnische Pflegekraft“ in Anspruch genommen werden. In vielen Pflegehaushalten teilen sich pflegende Angehörige und professionelle Pflegekräfte eines Pflegedienstes die Pflege und Betreuung des Betroffenen. In dem Fall kommen ambulante Pflegedienste – je nach Bedarf – stundenweise zum Betroffenen nach Hause, um sie zu unterstützen und Angehörige zu entlasten. Im Rahmen der Verhinderungspflege übernehmen Pflegedienste hingegen die vollständige Versorgung des Pflegebedürftigen.
Wichtiger Hinweis:
Sichern Sie sich als pflegender Angehöriger ab
Pflegen Sie als Angehöriger Ihr pflegebedürftiges Familienmitglied mindestens 14 Stunden pro Woche zuhause oder können Sie aufgrund der Pflegetätigkeit Ihren eigentlichen, sozialversicherungspflichtigen Beruf weniger als 30 Wochenstunden ausüben, sind Sie automatisch renten- und unfallversichert.
Wichtiger Hinweis:
Ambulante Pflege auch am Arbeitsplatz möglich
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat in einem Urteil vom 17.08.2022 festgestellt, dass die „häusliche Pflege“ allein eine Abgrenzung zur stationären Pflege (Pflegeheim) darstellt. Auch eine pflegenahe Versorgung am Arbeitsplatz gilt demnach als häusliche Pflege und kann ambulante Pflege umfassen.
Aufgaben eines ambulanten Pflegedienstes
Zu den einzelnen Leistungen, die ausgebildete Pflegekräfte übernehmen, gehören zum Beispiel:
Medizinische Behandlungspflege nach SGB V: Medikamentengabe, Verbandswechsel, Injektionen
Grundpflege: Hilfe bei der Körperpflege, Ernährung, Mobilität, Positionierung und Förderung von Ressourcen sowie Training von Fähigkeiten
Hauswirtschaftliche Versorgung: Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung
Seniorenbetreuung: Beschäftigung, Spaziergänge, Begleitung zu kulturellen Veranstaltungen
Beratung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen: Pflegekurse für Angehörige, Beratung zu Pflegeeinstufung, Anwesenheit beim Besuch des Gutachters vom Medizinischen Dienst (MD, früher: MDK) oder MEDICPROOF
Regelmäßige Beratungs- bzw. Qualitätssicherungsbesuche gemäß § 37.3 SGB XI bei pflegenden Angehörigen, die ihren Pflegebedürftigen allein versorgen (Pflegegeldempfänger).
Verhinderungspflege
Vorteile der ambulanten Pflege
Die ambulante Pflege im gewohnten Umfeld ist die Pflegeform, die sich die meisten Senioren wünschen.
Die folgende Auflistung zeigt Ihnen wesentliche Vorteile der ambulanten Pflege:
Der Pflegebedürftige kann in seinem vertrauten Umfeld wohnen bleiben.
Die Betreuung und Versorgung werden auf die individuellen Bedürfnisse des Betroffenen abgestimmt und in einem Pflegevertrag festgehalten.
Pflegende Angehörige werden bei der Pflege ihres Familienmitglieds durch die Unterstützung ambulanter Pflegedienste entlastet.
Das geschulte Pflegepersonal kann ihr Wissen an Angehörige weitergeben und ihnen wertvolle Pflege-Tipps geben, um gegebenenfalls Fehler bei der Pflege zuhause zu vermeiden.
Leistungskataloge & Preislisten
Die Kosten für einen ambulanten Pflegedienst und die verschiedenen Einzelleistungen lassen sich nicht pauschal nennen, denn sie richten sich grundsätzlich nach zwei Faktoren:
Der Leistungskatalog, der von Bundesland zu Bundesland variiert.
Die Vergütungssätze, die die Pflegekasse für die Leistungskomplexe bestimmt.
Die Kosten für ambulante Pflegedienstleistungen unterscheiden sich also nicht nur in den einzelnen Bundesländern, sondern auch von Anbieter zu Anbieter.
In den Leistungskatalogen und Preislisten von ambulanten Pflegediensten finden Sie 17 bis 30 sog. verrichtungsbezogene Leistungskomplexe, darunter z. B. kleine Grundpflege oder große Grundpflege. Woraus diese Leistungskomplexe im Einzelnen bestehen, legt dabei jedes Bundesland selbst fest. Ein Pflegedienst oder die Krankenkasse am Wohnort Ihres pflegebedürftigen Angehörigen informiert Sie über Anzahl und Umfang der Leistungskomplexe.
Kosten für häusliche Pflege & Kostenübernahme
Weil jeder Pflegebedürftige ganz unterschiedliche Hilfen benötigt, lassen sich der Umfang und damit auch die Kosten für die ambulante Pflege nicht pauschal nennen. Vorausgesetzt der pflegebedürftige Versicherte hat mindestens Pflegegrad 2, kann die Übernahme der Kosten für häusliche Pflegeleistungen bei der zuständigen Pflegekasse beantragt werden. In der Regel übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten bis zu einem bestimmten Höchstbetrag. Bei Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst, kann der Pflegebedürftige Pflegesachleistungen beantragen. Wird er durch einen Angehörigen gepflegt, hat er Anspruch auf Pflegegeld.
Teilen sich professionelle Pflegekräfte und pflegende Angehörige die häusliche Pflege des Betroffenen, können Versicherte im Rahmen der sogenannten Kombinationsleistung anteilig Pflegegeld und Pflegesachleistungen erhalten. Für privat versicherte pflegebedürftige Menschen gilt: Anstelle der Pflegesachleistung gilt die Kostenerstattung in der Höhe der sozialen Pflegeversicherung.
Bei den Investitionskosten handelt es sich um Betriebsausgaben wie etwa Mietkosten oder Leasingraten für das Firmenauto, die ein Pflegedienst aufwenden muss. Sofern der Pflegedienst keine öffentlichen Fördermittel erhält, darf er die Investitionskosten auf Sie umlegen.
Ambulante Pflege mit Pflegegrad: Leistungen im Ãœberblick
Die folgende Tabelle veranschaulicht Ihnen die verschiedenen Leistungsansprüche, die Versicherten – je nach Pflegegrad – für ambulante Pflegeleistungen zustehen.
Pflegegrad | Pflegegeld (bei Versorgung durch einen Angehörigen) | Pflegesachleistung (bei Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst) |
Pflegegrad 1 | - | - |
Pflegegrad 2 | 332 € monatlich | 761 € monatlich |
Pflegegrad 3 | 573 € monatlich | 1.432 € monatlich |
Pflegegrad 4 | 765 € monatlich | 1.778 € monatlich |
Pflegegrad 5 | 947 € monatlich | 2.200 € monatlich |
Neben Pflegegeld und Pflegesachleistungen haben Versicherte, die mindestens den Pflegegrad 2 haben, zusätzlich Anspruch auf Leistungen der Tages- und Nachtpflege. Der Anspruch richtet sich nach dem jeweiligen Pflegegrad. Zudem können Pflegebedürftige mit mindestens Pflegegrad 2 einen Zuschuss in Höhe von 1.774 Euro im Jahr für die Kurzzeitpflege und 1.612 Euro jährlich für Verhinderungspflege erhalten.
Unabhängig von der Höhe des Pflegegrades, können alle versicherten Pflegebedürftigen zudem folgende Leistungen beanspruchen:
Betreuungs- und Entlastungsleistungen (125 Euro/Monat),
zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel (bis zu 40 Euro/Monat),
Zuschüsse zum Hausnotruf (25,50 Euro/Monat)
Zuschüsse zur Wohnraumanpassung (4.000 Euro/je Maßnahme)
Weitere Informationen zu den Leistungen finden Sie in unserem Ratgeber Geldleistungen.
Rechenbeispiel für ambulante Pflege
Herr Müller benötigt rund zweimal in der Woche eine große Grundpflege (Leistungskomplex Ganzwaschung, mit Lagern/Betten und selbstständiger Nahrungsaufnahme) und dreimal in der Woche eine kleine Grundpflege (Leistungskomplex Teilwaschung, mit Lagern/Betten und selbstständiger Nahrungsaufnahme). Darum kümmert sich ein ambulanter Pflegedienst. Am Wochenende kümmert sich seine Tochter um ihn und sie versorgt auch den Haushalt. Sein Pflegedienst berechnet für diese Leistungen monatliche Kosten von zum Beispiel 860 Euro. Hätte Herr Müller den Pflegegrad 2, dann würde die Pflegeversicherung 761 Euro dieser Kosten übernehmen. Es bliebe für Herrn Müller in diesem Fall ein monatlicher Eigenanteil in Höhe von 99 Euro.
Checkliste: Wie finde ich den passenden Anbieter?
Schritt 1 – Fragen Sie sich: Was ist Ihrem Angehörigen wichtig? Worauf legen Sie Wert?
In Deutschland betreiben freie Träger wie zum Beispiel gemeinnützige Vereine, Wohlfahrtsorganisationen und Kirchen, aber auch Kommunen (öffentliche Träger) und privatgewerbliche Unternehmer ambulante Pflegedienste. Welcher Träger hinter welchem ambulanten Pflegeanbieter steckt, muss bei Ihrer Auswahl nicht unbedingt ausschlaggebend sein. Es sei denn, Sie haben ganz persönliche Motive, zum Beispiel, weil Sie sich aus Glaubensgründen bei einem kirchlichen Träger besser aufgehoben fühlen.
Entscheidend können noch viele andere Faktoren sein. Bevor Sie sich aber nach einem potenziellen Pflegedienst umsehen, ist es sinnvoll, Ihren persönlichen Pflege- und Betreuungsbedarf zu ermitteln. Überlegen Sie daher, welche pflegerischen Tätigkeiten Ihr Angehöriger übernehmen kann und welche Hilfen der ambulante Pflegedienst übernommen werden soll. Fragen Sie sich, ob der ambulante Pflegedienst Sie bei der Körperpflege oder bei der hauswirtschaftlichen Versorgung unterstützen soll oder ob Sie ihn zur Betreuung benötigen, beispielsweise zum Vorlesen oder Spazierengehen.
Schritt 2 – Werden Sie aktiv: Suchen Sie einen passenden Pflegedienst
Nachdem Sie mit Ihrem Angehörigen über seine Wünsche und Vorstellungen gesprochen haben oder Sie Ihren eigenen Bedarf geklärt haben, suchen Sie einen ambulanten Pflegedienst.
Bei der Auswahl des Anbieters kann Ihnen folgende Checkliste helfen:
Bewertungen: Hören und schauen Sie sich aufmerksam um! Erkundigen Sie sich beispielsweise bei Pflegestützpunkten oder im persönlichen Kreis über Erfahrungen mit dem potentiellen Pflegedienst.
Qualifikation: Werfen Sie einen Blick in den sogenannten Transparenzbericht des Anbieters. Darin können Sie die Ergebnisse der Qualitätsprüfung einsehen. Transparenzberichte werden beispielsweise im Internet oder im Pflegestützpunkt verbraucherfreundlich und kostenfrei veröffentlicht
Erfahrungswert: Je länger ein Pflegedienst besteht, desto eher können Sie davon ausgehen, dass seine Pflege- und Serviceleistungen von guter Qualität sind – das gilt vor allem in Städten, wo der Konkurrenzdruck besonders hoch ist
Erster Eindruck: Machen Sie sich bei einem möglichst kostenlosen, persönlichen Gespräch einen ersten Eindruck von dem ambulanten Pflegedienst. Insbesondere Empathie und Engagement sind in der Pflege daheim wichtig
Vergleichen Sie: Vereinbaren Sie gleich mit mehreren Pflegediensten einen Termin. So können Sie die Angebote der Anbieter besser vergleichen
Leistungsangebot: Lassen Sie sich ausführlich über die Leistungen des Pflegedienstes informieren. Klären Sie, ob der ambulante Pflegedienst Ihren Leistungsansprüchen gerecht werden kann. Bietet er alle für Sie notwendigen Hilfen an oder ist er sogar auf Ihre individuellen Anforderungen spezialisiert?
Kostenvoranschlag: Lassen Sie sich vom Pflegedienst einen Kostenvoranschlag für ein konkretes Leistungsangebot erstellen, das Ihren Bedürfnissen entspricht! Werden die Kosten durch die Zuschüsse der Pflegekasse abgedeckt? Wie hoch ist der Anteil, den Sie aus eigener Tasche zuzahlen müssen?
Anspruch an das Pflegepersonal: Überlegen Sie, welche Ansprüche Sie an das Personal haben und fragen Sie nach, ob Sie immer von der gleichen Pflegekraft versorgt werden. Gerade in der Pflege zuhause ist es wertvoll, eine feste Bezugsperson zu haben, mit der Sie ein Vertrauensverhältnis aufbauen können.
Pflegevertrag mit einem ambulanten Dienst:
Darauf sollten Sie achten
Sobald Sie sich für einen ambulanten Pflegedienst entschieden haben, ermitteln Sie mit einem Berater im persönlichen Gespräch, welche Hilfen Sie konkret von dem Pflegefachpersonal benötigen. Der Pflegevertrag regelt anschließend Art und Umfang der Leistungen, die Ihr ambulanter Pflegedienst zukünftig erbringen soll.
Vor der Unterschrift unter dem Pflegevertrag gilt wie für alle Vertragsabschlüsse: Lesen Sie den Vertrag gründlich durch – auch das Kleingedruckte. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen und beraten Sie sich in aller Ruhe mit Ihren Angehörigen oder anderen Vertrauten.
Darüber hinaus sollten Sie auf folgende Punkte achten:
Vertragspartner
Als Vertragspartner sollten ausschließlich Sie aufgeführt sein. Wenn Sie zur Unterzeichnung des Vertrags nicht in der Lage sind, kann Ihr gesetzlicher Betreuer in Ihrem Sinne unterschreiben. Angehörige dürfen nur dann an Stelle des Pflegebedürftigen unterschreiben, wenn es eine entsprechende Vollmacht gibt.
Leistungen und Kosten
Der Vertrag muss genau auflisten, welche Leistungen der Pflegedienst erbringt und welche Kosten dafür entstehen. Für die Kostenerstattung bei der Pflegekasse ist wichtig, dass Pflegekosten und Investitionskosten klar voneinander getrennt und als solche ausgewiesen werden.
Absage von Einzelterminen
Wie weit im Voraus müssen Sie einen Pflegetermin absagen, damit er Ihnen nicht in Rechnung gestellt wird? Diese Frage führt oft zu Streitigkeiten. Besser ist es, wenn Sie im Vertrag Klarheit schaffen. Angemessen ist eine Frist von 24 Stunden, in medizinischen Notfällen auch weniger.
Schadensersatz für Mehrkosten bei Ausfall
Fällt der Pflegedienst aus, bleibt Ihnen oft keine andere Möglichkeit, als kurzfristig einen anderen Dienst zu beauftragen. Die dabei entstehenden Mehrkosten muss der Pflegedienst Ihnen ersetzen. Auf andere Vereinbarungen sollten Sie nicht eingehen.
Haftung
Pflegedienste haften für alle Schäden, die durch ihre Mitarbeiter verursacht wurden. Deshalb müssen sie ja eine Betriebs- oder Betriebshaftpflichtversicherung mit möglichst hoher Deckungssumme abschließen. Ein Vertragspassus wie etwa „nur bei grober Fahrlässigkeit“ ist nicht zulässig, der Pflegedienst haftet auch bei leichter Fahrlässigkeit. Personenschäden können beispielsweise „Wundliegen durch falsche Lagerung“ sein. Zu den Sachschäden zählen neben beschädigtem Geschirr oder Mobiliar auch verlorene Wohnungsschlüssel.
Kündigungsfristen
Der Pflegevertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Ist keine Kündigungsfrist vereinbart, dann gilt die gesetzliche Frist von 14 Tagen. Sie können den Vertrag mit einem Pflegedienst aber fristlos kündigen, wenn Sie das Vertrauen in dessen Tätigkeit verloren haben. Der Vertrag sollte in jedem Fall während eines stationären oder teilstationären Aufenthalts ruhen und schließlich durch endgültigen stationären Aufenthalt oder Tod automatisch enden.
Ambulanter Pflegedienst