Betreuungsgesetz
Beschreibung
Das Betreuungsrecht umfasst die rechtlichen Regelungen zur gesetzlichen Betreuung und Beistandschaft für erwachsene Personen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung oder Krankheit nicht in der Lage sind, ihre eigenen rechtlichen Angelegenheiten selbständig zu regeln oder zu besorgen. Im Mittelpunkt steht dabei das Wohl der betroffenen Person, ihre Selbstbestimmung und die Wahrung ihrer Interessen. Die gesetzlichen Bestimmungen zum Betreuungsrecht sind hauptsächlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie im Betreuungs- und Unterbringungsgesetz (Betreuungsbehördengesetz) zu finden.
Ziele & Grundsätze
Das Betreuungsrecht verfolgt das Ziel, Menschen, die aufgrund ihrer persönlichen Umstände nicht mehr in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, ein Höchstmaß an Selbstbestimmung und Hilfe zur Selbsthilfe zu ermöglichen. Dabei sollen ihre Interessen und Wünsche so weit wie möglich berücksichtigt werden. Gemäß § 1896 BGB können diesbezüglich Betreuerinnen und Betreuer bestellt werden.
Subsidiarität des Betreuungsrechts
Ein zentraler Grundsatz des Betreuungsrechts ist das Subsidiaritätsprinzip. Die Errichtung einer Betreuung ist gemäß § 1896 Abs. 2 BGB nur zulässig, wenn die Angelegenheiten des Betroffenen nicht durch andere Hilfen, wie zum Beispiel eine Vorsorgevollmacht, geregelt werden können. Damit soll einer unnötigen Fremdbestimmung durch gesetzliche Betreuer vorgebeugt werden.
Wohl des Betroffenen und Beachtung des Willens
Im Mittelpunkt des Betreuungsrechts steht das Wohl des betreuten Menschen. Basierend auf dem Grundrecht auf Selbstbestimmung und dem Recht auf Achtung der Menschenwürde, gemäß Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), müssen die individuellen Bedürfnisse und Interessen der Betroffenen im Rahmen der Betreuung im Vordergrund stehen. Dabei ist der eigenen Wille der betroffenen Person zu respektieren (§ 1901 Abs. 2 BGB).
Betreuungsverfahren
Das Betreuungsverfahren beginnt in der Regel mit einem Antrag bei dem zuständigen Betreuungsgericht. Dieser Antrag kann von Angehörigen, der betroffenen Person selbst oder von anderen Institutionen, wie der Betreuungsbehörde gestellt werden. Es folgt eine umfassende Prüfung durch das Betreuungsgericht, in der Regel unter Hinzuziehung eines ärztlichen Gutachtens sowie einer Anhörung der betroffenen Person (§§ 280, 281 FamFG).
Bestellung des Betreuers & Aufgabenkreise
Stellt das Betreuungsgericht fest, dass die Voraussetzungen für eine Betreuung vorliegen, erfolgt die Bestellung des Betreuers. Dabei wird der Betreuer ggf. auf eine oder mehrere Aufgabenkreise, wie zum Beispiel die Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten oder Vermögensangelegenheiten beschränkt (§ 1901a BGB). Das Gericht hat dabei möglichst auf die Wünsche des Betroffenen Rücksicht zu nehmen (§ 1897 Abs. 4 BGB).
Rechte & Pflichten des Betreuers
Der Betreuer hat die Aufgabe, den Betroffenen bei der Erfüllung der übertragenen Aufgaben zu unterstützen und seine Interessen wahrzunehmen. Dazu gehört auch die Informationsbeschaffung und –weitergabe an den Betroffenen sowie die Sicherstellung, dass dieser seine Grundbedürfnisse erfüllen kann. Zudem unterliegen die Betreuer einer Genehmigungspflicht für bestimmte Handlungen (§ 1904 BGB) sowie einer Rechenschaftspflicht gegenüber dem Betreuungsgericht (§ 1908i BGB).
Beispiel: Betreuungsrecht in der Praxis
Ein 80-jähriger Mann erleidet einen schweren Schlaganfall und ist in Folge dessen nicht mehr in der Lage, seine Finanzen und Gesundheitsangelegenheiten selbstständig zu regeln. Er hat keine Vorsorgevollmacht erteilt. Sein Sohn beantragt daraufhin beim Betreuungsgericht die Errichtung einer Betreuung. Das Gericht prüft den Sachverhalt, bestellt nach Anhörung des Vaters einen Betreuer und überträgt diesem die Aufgabenkreise "Vermögenssorge" und "Gesundheitssorge". Der Betreuer unterstützt den Betroffenen fortan bei der Regelung seiner Angelegenheiten und achtet darauf, dass dessen Wünsche und Bedürfnisse respektiert und berücksichtigt werden.
Fragen & Antworten
Wer kann zum Betreuer bestellt werden?
Grundsätzlich kann jeder geeignete Volljährige zum Betreuer bestellt werden, sofern er oder sie dazu bereit ist, die Betreuung zu übernehmen. In der Regel handelt es sich dabei um Angehörige, Freunde oder professionelle Betreuer. Darüber hinaus können auch Vereinsbetreuer oder Behördenbetreuer als Betreuer bestellt werden. Wichtig ist, dass der Betreuer die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, um die Interessen der betroffenen Person wahrnehmen zu können.
Wie wird eine Betreuung angeordnet?
Die Anordnung einer Betreuung erfolgt durch das zuständige Betreuungsgericht (in der Regel das Amtsgericht an dem Wohnort der betroffenen Person). Zuständig ist das Gericht, in dessen Bereich die betroffene Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Betreuung kann auf Antrag oder von Amts wegen angeordnet werden. Dabei wird geprüft, ob eine Betreuung erforderlich ist und welcher Aufgabenbereich vom Betreuer wahrgenommen werden soll.
Welche Aufgaben hat ein Betreuer?
Die Aufgaben eines Betreuers sind sehr unterschiedlich und richten sich nach den individuellen Bedürfnissen und Erfordernissen der betroffenen Person. Das BGB sieht dabei eine Vielzahl von möglichen Aufgabenbereichen vor, die in der gerichtlichen Betreuungsanordnung explizit aufgeführt werden müssen. Zu den häufigsten Aufgabenbereichen zählen die Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitssorge, Vertretung gegenüber Behörden und Vertragsabschlüsse. Betreuer können auch mehrere Personen gleichzeitig als Einzelbetreuer betreuen.
Muss ein Betreuer Rechenschaft ablegen?
Ein Betreuer ist verpflichtet, dem Betreuungsgericht Rechenschaft über seine Tätigkeit abzulegen. Dies beinhaltet, dass er dem Gericht gegenüber Auskunft über die Vermögensverhältnisse, den Gesundheitszustand und die Lebensumstände des Betreuten geben muss. Außerdem ist der Betreuer dazu verpflichtet, einen Bericht über die Führung der Betreuung abzugeben, der in der Regel jährlich erstellt und dem Betreuungsgericht vorgelegt wird. Darüber hinaus kann das Gericht jederzeit Auskunft über bestimmte Angelegenheiten verlangen.
Wie lange gilt eine Betreuung?
Die Dauer einer Betreuung ist nicht generell festgelegt, sondern richtet sich nach der individuellen Situation des Betreuten. In den meisten Fällen ist die Betreuung jedoch auf einen bestimmten Zeitraum befristet, der bei Bedarf verlängert werden kann. Zudem ist es möglich, dass die Betreuung aufgehoben wird, wenn die Voraussetzungen dafür nicht mehr vorliegen – beispielsweise wenn sich der Gesundheitszustand des Betreuten verbessert hat und er seine Angelegenheiten wieder eigenständig erledigen kann.
Kann man gegen die Bestellung eines Betreuers vorgehen?
Gegen die Bestellung eines Betreuers kann die betroffene Person Beschwerde beim Betreuungsgericht einlegen. Auch Dritte, die ein berechtigtes Interesse haben, können Widerspruch erheben. Wichtig ist, dass die Beschwerde innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Betreuungsbeschlusses eingelegt wird. Das Gericht prüft die Beschwerde und entscheidet, ob die Bestellung des Betreuers aufrecht erhalten oder geändert wird.
Was ist das Unterschied zwischen Betreuung, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung?
Die drei Begriffe sind miteinander verknüpft, aber unterschiedlich in ihrer Wirkung und Anwendung. Die Betreuung ist ein gerichtlich angeordnetes Verfahren für Menschen, die ihre Angelegenheiten nicht mehr eigenständig regeln können. Die Vorsorgevollmacht ist eine privatrechtliche Regelung, bei der eine Person eine andere Person bevollmächtigt, ihre Angelegenheiten bei Eintritt einer Notsituation zu regeln. Die Patientenverfügung legt im Voraus fest, welche medizinischen Maßnahmen eine Person in einer bestimmten Situation möchte oder ablehnt. Eine Patientenverfügung wird nur dann wirksam, wenn die betroffene Person ihren Willen nicht mehr äußern kann.
Grundsätzlich sind Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung Instrumente der vorsorgenden Selbstbestimmung, durch deren Nutzung unter Umständen eine Betreuung vermieden werden kann.
Wie kann man eine Betreuungsverfügung erstellen?
Eine Betreuungsverfügung ist ein Dokument, in dem eine Person ihre Wünsche und Vorstellungen im Hinblick auf eine mögliche Betreuung festhält. Hierin kann die betreffende Person zum Beispiel bestimmte Personen für die Übernahme einer Betreuung nennen oder auch ausschließen. Auch Wünsche und Anweisungen zur Betreuungstätigkeit können festgehalten werden. Eine Betreuungsverfügung kann jederzeit erstellt, geändert oder widerrufen werden. Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben für die Form einer Betreuungsverfügung; dennoch empfiehlt es sich, sie schriftlich, unter Angabe von Name und Geburtsdatum sowie aktuellem Datum, niederzulegen.
Was ist ein Beistand?
Der Beistand ist eine Sonderform der Betreuung. Beistand wird ein Betreuer genannt, der die Interessen einer volljährigen Person nur in einzelnen Angelegenheiten oder auf eine bestimmte Weise wahrnimmt (beschränkter Wirkungskreis). Beistände sind vielfach bei der Vertretung in behördlichen Angelegenheiten oder bei der Eheschließung von Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung tätig. Die Bestellung zum Beistand erfolgt ebenfalls durch das Betreuungsgericht.
Kann eine Betreuung vermieden werden?
Eine Betreuung kann vermieden werden, wenn die betroffene Person noch in der Lage ist, ihre Angelegenheiten teilweise oder vollständig selbständig zu regeln. Auch eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung können dazu beitragen, dass das Gericht von einer Betreuung absieht. Voraussetzung ist jedoch, dass eine oder mehrere Vertrauenspersonen vorhanden sind, die in der Lage und willens sind, die im Falle des Falles erforderlichen rechtlichen und faktischen Handlungen im Interesse der betroffenen Person zu erbringen.
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