Chronische Schmerzen
Beschreibung
Schmerzen sind einer der häufigsten Gründe, warum Menschen ärztlichen Rat einholen.
Man spricht von chronischen Schmerzen, wenn:
sie länger als 3 bis 6 Monate anhalten oder
nach einer Verletzung Schmerzen bestehen bleiben, obwohl die Verletzung abgeheilt ist
Schmerzen werden individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen und können durch soziale und psychische Faktoren beeinflusst werden.
Chronische Schmerzen wirken in alle Lebensbereiche hinein und beeinträchtigen die Lebensqualität. Menschen mit chronischen Schmerzen entwickeln häufig Ängste, depressive Verstimmungen oder Schlafstörungen.
Das kann sich negativ auf das Schmerzempfinden und die Schmerzverarbeitung auswirken und die Schmerzen weiter verschlimmern.
Am besten wirkt daher eine Therapie, die neben verschiedenen Medikamenten auch die psychische und soziale Situation der betroffenen Person berücksichtigt.
Symptome
Schmerzen äußern sich sehr unterschiedlich.
Schmerzen an inneren Organen fühlen sich eher dumpf, tiefliegend oder krampfartig an. Oft kann man nicht sagen, wo genau es wehtut.
Schmerzen des Bewegungsapparats sind oft stechend, ziehend oder brennend und lassen sich besser lokalisieren.
Schmerzen, die durch Schäden an den Nerven entstehen, können einschießen, anfallsartig auftreten, mit Kribbeln und Taubheitsgefühlen einhergehen oder zu Überempfindlichkeit führen.
Besonders ältere Menschen haben manchmal Schwierigkeiten, ihre Schmerzen zu beschreiben. Oft sprechen sie von „unangenehmen“ Gefühlen oder Beschwerden.
Menschen mit Erkrankungen wie Demenz können Schmerzen oft gar nicht in Worte fassen.
Anzeichen für Schmerzen sind dann zum Beispiel:
ein schmerzhaft verzogenes Gesicht
Jammern und Stöhnen
Schutzhaltung der schmerzhaften Region
angestrengte Atmung
Verwirrtheit
Ursachen
Chronische Schmerzen entstehen unter anderem durch eine Fehlfunktion des Nervensystems, eine gestörte Schmerzverarbeitung oder chronische Entzündungen.
Erkrankungen, die häufig mit chronischen Schmerzen einhergehen, sind:
Rückenprobleme
rheumatoide Arthritis
Fibromyalgie
Diabetes mellitus
Unterschiedliche Ursachen können verschiedene Arten von Schmerz erzeugen:
nozizeptiver Schmerz: Die Schmerzsignale gehen von den Nozizeptoren aus – Strukturen, die eine wichtige Rolle in der Schmerzwahrnehmung spielen. Auslöser sind beispielsweise Verletzungen, Verbrennungen, Nierensteine oder ein Herzinfarkt.
entzündlicher Schmerz: Er ist Folge einer Entzündung im Gewebe, da Entzündungsbotenstoffe die Schmerzrezeptoren reizen. Auslöser sind Infektionen oder Autoimmunerkrankungen.
neuropathischer Schmerz: Er resultiert aus einer direkten Schädigung der Nerven. Auslöser sind Verletzungen von Nerven, Schädigungen der Nervenwurzeln, Stoffwechselstörungen wie Diabetes, Zellgifte wie Alkohol, oder viral bedingte Erkrankungen wie Gürtelrose.
zentraler Schmerz: Er entsteht durch eine veränderte Schmerzverarbeitung im Gehirn oder Rückenmark. Das Gehirn erzeugt dann Schmerzen, obwohl kein organischer Schaden vorliegt. Sie treten beispielsweise auf bei Fibromyalgie, Reizdarm oder chronischen Schmerzen im Becken.
Schmerzen können sich verselbstständigen. Sie bleiben dann bestehen, obwohl der eigentliche Auslöser gar nicht mehr da ist. Außerdem können langanhaltende Schmerzen Nerven empfindlicher machen, sodass sie Schmerzreize früher und schneller weiterleiten. Durch neue Nervenverknüpfungen kann dann ein „Schmerzgedächtnis“ entstehen.
Darüber hinaus kann andauernder Stress dazu führen, dass man Schmerzen eher oder stärker wahrnimmt.
Risikofaktoren
Es gibt einige Faktoren, die das Risiko für chronische Schmerzen erhöhen.
Dazu zählen:
erbliche Veranlagung
eine vorausgegangene akute Schmerztherapie, die nicht ausreichend geholfen hat
psychische Erkrankungen wie eine Depression oder eine posttraumatische Belastungsstörung
nachteilige soziale Umstände
höheres Alter
Langzeitgebrauch von Schmerzmitteln, vor allem von Opioiden
Missbrauch von Alkohol und Drogen
Häufigkeit
Ungefähr 3 von 10 Menschen in den Industrieländern berichten über mäßige bis starke Schmerzen, die länger als 6 Monate anhalten.
Unter älteren Menschen klagen mehr als 40 von 100 über chronische Schmerzen. Die häufigsten Ursachen sind dabei Gelenk- und Rückenschmerzen.
Auch Kinder können chronische Schmerzen haben.
Verlauf
Die Lebensqualität von Menschen mit chronischen Schmerzen bleibt häufig bis zu einem gewissen Grad eingeschränkt. Zwar hilft die Therapie, Schmerzen zu lindern, vollständig beseitigen lassen sie sich aber oft nicht.
In der Regel reicht ein einziges Medikament nicht aus, damit die Schmerzen weniger werden. Deshalb nehmen die Patientinnen und Patienten mehrere verschiedene Substanzen oft in steigender Dosierung ein. Dadurch treten häufig Nebenwirkungen auf.
Zu viel Paracetamol beispielsweise kann zu schweren Leberschäden führen. Bei einer regelmäßigen Einnahme von starken Schmerzmitteln wie Opioiden kann es zu einer Medikamentenabhängigkeit kommen.
Zudem ist es möglich, Opioide überzudosieren, was die lebenswichtige Atmung unterdrückt. Manchmal kommt es auch zu überempfindlichen Schmerzzuständen infolge der Opioid-Einnahme.
Diagnose
Grundsätzlich ist es zunächst wichtig, die genaue Ursache für Schmerzen zu finden. Dazu dienen bildgebende Verfahren wie Röntgen, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT). Auch bestimmte Blutwerte geben Hinweise auf die Ursache.
Manchmal werden Nervenblockaden oder Messungen der Nervenleitgeschwindigkeit zur Diagnose eingesetzt.
Allerdings lässt sich selbst bei starken Schmerzen nicht immer ein Auslöser finden.
Für die Behandlung ist es wesentlich, die Schmerzen genau lokalisieren und einschätzen zu können.
Dafür wird der Arzt gezielte Fragen stellen, zum Beispiel:
Wann und wo sind die Schmerzen aufgetreten?
Wie fühlen sich die Schmerzen an?
Wie stark sind die Schmerzen auf einer Skala von 1 bis 10?
Wie wirken sich die Schmerzen auf Alltagsaktivitäten aus?
In einer körperlichen Untersuchung stellen Ärzte mögliche Einschränkungen der Körperfunktionen fest. Mit Fragen nach Stimmung, Schlafqualität, familiären oder beruflichen Belastungen informieren sie sich über Begleitumstände, die das Schmerzempfinden beeinflussen oder sich durch die chronischen Schmerzen verändern können.
Behandlung
Nicht medikamentöse Therapien
verhaltenstherapeutische Beratung: Sie dient dazu, einen besseren Umgang mit den Schmerzen zu finden und einen guten Schlaf zu fördern.
körperliche Aktivität und Bewegungsübungen: unter physiotherapeutischer Anleitung, um die Körperfunktionen zu verbessern und Schmerzen zu reduzieren
Akupunktur: sowohl bei örtlich (lokal) begrenzten Schmerzen als auch bei Schmerzen im ganzen Körper
Ernährungsberatung und Gewichtsabnahme: falls Übergewicht bei der Schmerzentstehung eine Rolle spielt
Hilfsmittel wie Gehhilfen, Schienen oder orthopädische Schuhe
periphere Nervenstimulation: Durch sanfte elektrische Impulse wird die Schmerzwahrnehmung vermindert. Für eine dauerhafte Stimulation ist ein kleiner Eingriff nötig.
Medikamentöse Therapien
Spritzen mit örtlichen Betäubungsmitteln oder Salben und Gele mit entzündungshemmenden Schmerzmitteln bei lokalen Schmerzen
Antidepressiva, auch wenn keine Depression vorliegt, da sie die Schmerzempfindung beeinflussen können. Je nach Medikament kann es sein, dass sich eine Schmerzlinderung erst nach einigen Wochen bemerkbar macht
Epilepsie-Medikamente (Antiepileptika) bei Nervenschmerzen aufgrund einer Schädigung der Nerven
muskelentspannende Medikamente, wenn Schmerzen im Zusammenhang mit Muskelverkrampfungen auftreten
Antientzündliche Schmerzmittel aus der Gruppe der nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Paracetamol sollten nur bei akutem Aufflackern der Schmerzsymptome eingenommen werden. Es kann sinnvoll sein, verschiedene Schmerzmittel auszuprobieren, da sie individuell unterschiedlich gut wirken
Starke Schmerzmittel wie Opioide oder Medikamente, die im Gehirn die Schmerzverarbeitung beeinflussen, zum Beispiel Beruhigungsmittel aus der Gruppe der Benzodiazepine, sollte man nur vorübergehend einnehmen
Eine Langzeittherapie mit Opioiden ist nur in Betracht zu ziehen, wenn sich organische Schmerzursachen nicht beseitigen lassen und alle bisherigen Behandlungen nicht erfolgreich waren. Insbesondere bei Schmerzen des Bewegungsapparats wirken Opioide langfristig nicht besser als andere Schmerzmittel.
Welche Therapiemaßnahmen ergriffen werden, entscheidet man am besten immer gemeinsam mit dem Arzt. Für eine zufriedenstellende Behandlung chronischer Schmerzen sind Geduld und ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis wesentlich.
Leben & Alltag
Chronische Schmerzen erfordern eine langfristige Therapie. Oft werden sie zeitweise besser und flammen hin und wieder auf.
Für Menschen mit chronischen Schmerzen ist es wichtig, mit den Beschwerden im Alltag umgehen zu lernen: also zu erfahren, wie sie ihre Schmerzen selbst beeinflussen und kontrollieren können.
Dabei können sowohl ärztliches und therapeutisches Fachpersonal unterstützen als auch Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen.
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